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Fundstück der Woche: Der Pixel-Crash vom Saint Mary Lake

Aktualisiert: 23. Juni 2020

Es gibt viele Dinge, die Software zum Absturz bringen können. Was aber kürzlich bekannt wurde, hat schon Seltenheitswert: Wer dieses harmlos anmutende Foto von einem Sonnenuntergang beim Saint Mary Lake in US-Bundesstaat Montana auf seinem Smartphone als Hintegrundbild installiert, macht dieses auf einen Schlag unbenutzbar. Selbst ein Neustart hilft dann nicht mehr - das Gerät muss komplett neu installiert werden. Ursache dafür ist nicht eine verborgene Schadsoftware oder sonstige Gaunereien, sondern ein einziges Pixel auf dem Bild.


Das Foto wurde im August 2019 vom Fotografen Gaurav Agrawal mit einer Nikon-Kamera aufgenommen, mit der Software „Lightroom“ bearbeitet und in einem Bildformat namens „Pro Photo RGB“ exportiert. Agrawal lud das Foto dann auf ein Internet-Portal für Hintergrundbilder hoch.


Schnell ging das Bild viral - aber aus anderen Gründen, als Agrawal sich das vorgestellt hatte. Benutzer, die das Bild als Hintergrundbild ihrer Android-Smartphones einstellten, konnten ihr Handy nicht mehr verwenden.


Agrawal stand im ungewollten Rampenlicht. Was war passiert? Es habe keine Absicht dahinter gesteckt, sagte der unglückliche Fotograf der BBC.


Wie kann ein Bildpunkt ein ganzes Betriebssystem zum Absturz bringen?


Offensichtlich lag das Problem an dem Format des Bildes - und an dem Umgang von Android mit diesem Format. Dazu muss man wissen: Die Farb-Engine von Android verwendet zur Darstellung von Bildern einen eingeschränkten Farbraum namens „sRGB“ während das Foto, welches im Format “Pro Photo RGB“ aufgenommen war, einen deutlich größeren Farbraum verwendete. Android kann zwar mit „Pro Photo RGB“ umgehen, muss diesen Farbraum aber erst in sRGB konvertieren.


Als problematisch stellte sich ein Pixel im Bild heraus, dessen Leuchtkraft den Wert 255 hatte - das ist gleichzeitig der maximale Wert, den Android verarbeiten kann. Beim Konvertieren von sRGB auf RGB rundet das Betriebssystem von Google diesen Wert auf. Da nun das Limit für diesen Wert eben bei 255 liegt, kam es bei der Aufrundung zu einer Überschreiten des Maximalwertes (auf 256). Die Software konnte mit diesem Fehler nicht umgehen und es kam zum fatalen Crash.


Das problematische Pixel findet sich im Bild übrigens in den Wolken. Das ist kein Zufall, geht es beim beschriebenen Wert um die Leuchtdichte („Luminance“), die im Foto im Wolkenbereich stark ist.


Ähnlich bizarre Fehler kennen wir bereits aus der Vergangenheit - erst im April wurde bekannt, dass die Verwendung von zwei Symbolen aus der nordindischen Sindhi-Sprache den Textnachrichtendienst von Apple - iMessage - zum Absturz bringt. Jedoch reichte hier ein einfacher Neustart, um das Gerät wieder zum Laufen zu bringen.


Warum beim schöne Sonnenuntergang am Saint Mary Lake die Android-Smartphones dermaßen versagten, liegt übrigens an der Verwendung als Hintergrundbildschirm: Der Bildschirmhintergrund wird ja bereits beim Entsperren des Smartphones gebraucht - ohne ihn geht gar nichts. Das erklärt, warum nur die komplette Neuinstallation als Lösung blieb. Für diejenigen, die kein Backup erstellt hatten, waren somit alle Daten verloren.


Was lernen wir daraus? Vielleicht, dass Software immer wieder für Überraschungen gut ist - und dass es Fehlerfreiheit niemals geben wird. Vielleicht lernen wir daraus aber auch, dass der Herdentrieb eine nicht zu unterschätzende Gefahr ist:


Nachdem der Fehler bekannt wurde, haben viele Benutzer das Bild erst recht runter geladen - offenbar wollten oder konnten sie nicht glauben, dass es auch ihr Smartphone betreffen würde. In dem Sinne: Lassen Sie die Finger vom Bild da oben (auch wenn das hier verwendete Format harmlos sein dürfte).


Hier das Ganze nochmal im Detail erklärt und recherchiert:






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