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Teamkonflikte und die Naikan-Methode

Die Managementliteratur sagt uns, dass Konflikte etwas Normales, ja sogar Gutes sind. „Einigkeit macht starr“, hat Reinhard K. Sprenger vor einigen Jahren geschrieben. Er bezeichnet Manager, die Konflikten aus dem Weg gehen, als dumm“.


Doch bei aller Liebe zum Widerspruch und Wettstreit: Konflikte können auch zerstören. Ich bin sicher, dass jeder und jede von uns Situationen im Berufsleben kennt, in denen ein Konflikt zu einer Belastung oder gar zur Zerreißprobe für den Einzelnen und das Team wurde.




Wie also können wir Konflikten ins Auge schauen, anstatt ihnen aus dem Weg zu gehen? Von Dieter Rösner habe ich während meiner Coaching-Ausbildung eine Methode gelernt, um sich Konflikten in Teams zu stellen: Die Naikan-Methode.


Das Schöne an der Naikan-Methode: Die Mitgliedschaft im Team wird als ein Geben und Nehmen betrachtet. Die Dinge, die ich vom Team bekomme, füllen mein Konto gewissermaßen auf. Die Dinge, die ich meinem Team gebe, füllen die Konten meiner Teamkollegen auf.


Mit der Naikan-Methode reflektiert nun jedes Teammitglied sein „Kontostand“, indem es sich folgende Fragen stellt und diese in mehreren Schritten reflektiert:

  1. Was habe ich von meinem Team bekommen?

  2. Was habe ich meinem Team gegeben?

Soweit so gut. Geben und Nehmen. Doch die Naikan-Methode kennt noch eine dritte Frage, die es wahrlich in sich hat:


3. Welche Schwierigkeiten haben ich meinem Team gemacht?


Diese dritte Frage ist eine bewusste Provokation. Wer gesteht sich im westlichen Kulturkreis schon gerne ein, dass er oder sie seinem Team Schwierigkeiten bereitet? Ich doch nicht! Indem die Frage jedoch explizit gestellt wird und jedes Teammitglied sie beantworten muss, hat die Fragestellung in der Praxis eine entschärfende Wirkung.


Das Entstehen von Schwierigkeiten wird durch die Frage nämlich zu einem Normalzustand erklärt, für das jedes Teammitglied genauso verantwortlich ist wie für das täglichen Geben und Nehmen. Schwierigkeiten - und die Konflikte, die daraus entstehen können - werden als natürlicher Bestandteil von Teamarbeit anerkannt. Sprenger schreibt dazu:


Konflikte haben mit unterschiedlichen Erwartungen zu tun: mit eigenen, fremden, ausgesprochenen, unausgesprochenen, uneingestandenen. Und die wiederum haben damit zu tun, wie wir von anderen gesehen und behandelt werden wollen. Alle Konflikte kreisen um dieses Thema. Dass der andere aber nicht auf der Welt ist, um nach unseren Erwartungen zu leben, ist eine reife Erkenntnisleistung - in der Regel braucht man für sie Narben, Falten, angehäuftes Leben (Sprenger, Einigkeit macht starr).

Natürlich können wir uns festgefahrene Situationen vorstellen, in denen auch die Naikan-Methode keine Lösung mehr bringt. Wenn das Team oder einzelne Teammitglieder nicht (mehr) bereit sind, ihr eigenes Handeln zu reflektieren, dann wird zu der dritten Frage (Welche Schwierigkeiten haben ich meinem Team gemacht?) keine erhellende Antwort kommen. Doch ist in solchen Situationen vermutlich jede Methode verlorene Mühe und eine Trennung vielleicht die bessere Alternative.


Auf den Punkt gebracht:


Wir sollten Konflikten ins Auge schauen und uns eingestehen, dass sie Teil des produktiven Miteinanders sind. Die Naikan-Methode kann hier einen Beitrag leisten: Indem wir uns als Team daran gewöhnen, unser Geben und Nehmen sowie unsere Differenzen gemeinsam und regelmäßig zu reflektieren, können Konflikte sichtbar gemacht und angegangen werden, bevor sie zum ungezähmten Monster werden.


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