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Agilität in der Impfstoffentwicklung -wenn die Großen hinterherschwimmen

Aktualisiert: 2. März 2021


Im Rennen um einen Impfstoff gegen Covid-19 haben einige wenige Unternehmen erstaunlich schnell Erfolge erreicht. Absehbar war das nicht. Im April 2020 prognostizierte der CEO des Pharma- und Diagnostikkonzerns Roche, Severin Schwan, es werde w0hl keinen Impfstoff vor Ende 2021 geben. Sechs Monate später, im Oktober 2020, versuchte Schwan die Hoffnung auf eine rasche Impfung zu zerschlagen: Es sei „völlig unrealistisch“, bis Ende 2020 mit einem Impfstoff „auf breiter Basis“ zu rechnen.


Doch siehe da: Zum 31. Dezember 2020 waren bereits 3 Millionen Bürger in den USA mit den Präparaten von BioNTech/Pfizer und Moderna geimpft.


Spannend daran: Es waren nicht die großen, etablierten Hersteller von Impfstoffen, die das Rennen gegen die Zeit gewannen. Nicht die Platzhirsche GlaxoSmithKline, Merck und Sanofi waren erfolgreich, sondern die Newcomer BioNTech (mit seinem Partner Pfizer) und Moderna. Beide setzten mit mRNA auf eine Technologie, auf deren Basis bis dahin noch kein einziger Impfstoff zugelassen war. Zwar hatte auch Sanofi bereits mit mRNA experimentiert, doch waren sie in ihrer Forschung nicht so weit wie BioNTech. Dies führte sie dazu, mit Ausbruch der Pandemie auf Nummer sicher zu gehen und ihre Entwicklung auf Basis eines rekombinanten Impfstoffes zu machen, denn da hatte Sanofi mittels Grippeimpfstoffen schon deutlich mehr Erfahrung gesammelt.


Die Frage bleibt: Warum mussten sich die großen und etablierten Hersteller, mit ihrer gewaltigen Finanz- und Forschungskraft, am Ende geschlagen geben? Ein Artikel in der Financial Times nennt einige Gründe: So hatte das Geschäft mit Impfstoffen in den letzten Jahrzehnten an Attraktivität verloren, langen Entwicklungszeiten standen oftmals magere Renditen entgegen. Doch aus Sicht des Prozessmanagements drängt sich ein weiterer Grund für das Zurückfallen der Großen auf, der so im Artikel nicht erwähnt wird:


Schwerfälligkeit


Wer schon lange erfolgreich im Geschäft ist, hat ein Arsenal an bewährten Prozessen, Methoden und Werkzeuge in der Tasche. Pharmaunternehmen leben zwar davon, hohe Risiken einzugehen und das Scheitern von Projekten als Normalfall zu erleben. Doch arbeiten die Großen in der Regel mit streng geregelten, bis ins kleinste Detail geplanten Verfahren, die eine zuverlässige Steuerung von Abläufen und Entscheidungen sowie das unbedingte Vermeiden von Abweichungen in den Vordergrund rücken. Wie schwer muss es in einem solchen Kontext sein, die Dinge einfach mal anders zu machen?


Im Vergleich zu den großen drei sind Unternehmen wie BioNTech immer noch Startups, die schon mit ein paar Schwimmzügen ihre Richtung ändern können. Das Manager Magazin hat schön beschrieben, wie Uğur Şahin nicht mehr als ein Wochenende brauchte, um sein Unternehmen und die gesamte Belegschaft auf die Entwicklung des Corona-Impfstoffs zu trimmen.


Auch wenn unsere Herausforderungen im Arbeitsalltag nicht so groß sein mögen wie die Entwicklung des nächsten Pandemie-Impfstoffes: Von dieser Agilität können wir uns alle inspirieren lassen.



Foto von sergio souza von Pexels

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