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Fundstück der Woche: Der Software-Sumpf

Jeden Sonntag finden Sie hier einen inspirierenden Text, aufgestöbert in den weiten Sphären des Internets. Heute teile ich einen Beitrag vom im Japan lebenden Blogger Craig Mod, der sich fragt:


Warum wird Hardware immer besser - während so manche Software einem schleichenden Degenerationsprozess unterliegt?


Als Beispiel nennt Craig Mod das iPad Pro von Apple. Dieses schlanke Wunderbrett aus Licht und Geschwindigkeit, das in Kombination mit der neuen, magnetisch haftenden Tastatur zu einer formidable Arbeitsmaschine mutiert - wären da nicht die kleinen Frustrationen des Alltags mit dem Betriebssystem!

Den Autor stört vor allem die „Fluency“ (in etwa: Natürlichkeit“) in der Bedienung der Software. Ein Beispiel:

Because the Magic Keyboard is well-made, and because you believe in its ability to register keystrokes accurately, the dissonance of not having commands fire off as quickly as you think them hurts all the more. I often smack Cmd-c five or six times to make sure a copy has “taken.” Copying is so hit-or-miss that visual feedback would be useful — a cursor blink, anything. And then: Cmd-v itself can take two or three tries to properly fire off.“

Der Text endet mit einem Plädoyer dafür, die „gorgeous“ Hardware des iPads (und weiterer Geräte) aus dem “Software Slump“ („Software-Abschwung“) zu retten.

Das ist leichter gesagt als getan! Software-Entwicklung ist nun mal ein anderes Tier. Bei Hardware gibt es rigorose Design- und Verifikationsprozesse, an dessen Ende die Systemkomponenten messerscharf passen müssen, um in der Massenproduktion tausend- und millionenfach zu bestehen.


Passieren hier Fehler (siehe das Debakel mit dem Butterfly-Keyboard in den Macs), bleibt häufig nur den Umtausch - und ein enormer Reputationsschaden.


Software ist dagegen mehr ein amorphes Gebilde mit unendlichen Verzweigungen, das auch nach Release stetigem Wandel unterliegt. Und je mehr Funktionen eine Software über die Jahre erhält, desto größer wird die Komplexität.


Software ist, streng genommen, nichts anderes als Text. Wir erwarten von einem Roman mit 1.000 Seiten nicht, dass er keinen einzigen Fehler in Form oder Inhalt hat. Doch bei Software reicht schon ein einziges falsch gesetztes Zeichen (oder Pixel!), um ein System zum Absturz zu bringen.


Von Software müssen wir folglich Fehler erwarten - auch Fehler der gröberen Sorte. Was gute Softwareschmieden ausmacht, ist nicht die Abwesenheit von Fehlern, sondern das permanente Arbeiten an Verbesserungen. Updates können heutzutage schnell ausgeliefert werden und begrenzen sich schon lange nicht mehr auf den Consumer-Bereich. Auch in der Industrie - wo lange galt: „never touch a running system“ - setzt sich die Erkenntnis durch, dass kontinuierliche Aktualisierungen für sichere und funktionierende Anlagen essenziell sind.


Neben dem permanenten Arbeiten an Verbesserungen braucht es schließlich noch den Mut, dem Drang nach immer neuen Features Einhalt zu gebieten und auch mal ein komplettes Release in die Stabilität der Software zu investieren. Oder den Mut dafür, die Jahrzehnte alte Software, die kein Entwickler mehr komplett überschaut, wegzuwerfen und von Grund auf neu zu bauen.



Foto: Design von Elias Krehoff

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